Zugbildung im Fernverkehr 


Informationen zur Zusammenstellung der Fernzüge der Deutschen Bahn AG





 

Um den täglichen Fernverkehrsfahrplan durchführen zu können, ist eine detaillierte Fahrzeugplanung nötig. Für jeden Zug muss ein entsprechendes Fahrzeug (eine ICE-Einheit oder eine bestimmte Anzahl an IC-Wagen) zur Verfügung stehen. Die Planung des Fernverkehrsangebots für einen Jahresfahrplan ist eng mit dem Fahrzeugbestand verzahnt. In jedem Jahr ist zu berücksichtigen, mit dem vorhandenen Wagenmaterial einen bedarfsgerechten Fahrplan zu erstellen und möglichst jedem Fahrgast einen Sitzplatz zu bieten. Zahlreiche Systeme sind mit dieser Planung verknüpft. Für den Kunden zeigt sich das insbesondere bei der Platzreservierung. Darin ist jede einzelne geplante Zugkonfiguration incl. der Sitzanordnungen hinterlegt, um dem Fahrgast später auf seiner Fahrt auch tatsächlich „den Fensterplatz am Tisch“ zu bieten, welchen er als Reservierungswunsch angegeben hat.

 

Aktuell sorgen acht verschiedene ICE-Baureihen und 29 unterschiedliche IC-Reisezugwagen für nahezu unendlich viele Kombinationsmöglichkeiten, um einen Zug „zu bilden“, wie es in der Bahnsprache heißt.


Dabei sind zahlreiche Kriterien zu beachten, die ohne Anspruch auf Vollständigkeit im Folgenden kurz beschrieben sind:


Zugstärke / Wirtschaftlichkeit

Bahnverwaltung

Besonderheit internationaler Verkehr

Reisendenprofil

Anforderungen der Strecke

Höchstgeschwindigkeit

Gastronomie

Sondereinrichtungen

Fahrzeugqualität

Nachtverkehr

Steuerwagen

Reserve



Elektronische Anzeige von Sitzplatzreservierungen. Die Steuerung erfolgt von einem Servicewagen (Dienstabteil) aus; dieser ist daher unbedingt einzuplanen.


Bilden von Zügen nach Linien / Planung von Umläufen


Jeder Wagen, der einen Startbahnhof verlässt, muss diesen irgendwann auch wieder als Zielbahnhof erreichen. Die einfachste Darstellung eines Umlaufes ist ein Zugpaar mit einem einzigen wiederkehrenden Start- und Zielbahnhof.

Beispiel IC 2082/2083:

Dieser Umlauf besteht also aus zwei Tagen. Um ihn zu fahren, müssen durch das Werk in Hamburg insgesamt 12 Wagen bereitgestellt werden. Bei der Planung von Zügen ist selbstverständlich auf einen wirtschaftlichen Einsatz des Fahrzeugbestandes zu achten. Im Beispiel oben sind die Wagen des IC 2083 von der Abfahrt im Werk bis zur abendlichen Abstellung im Bahnhof von Freilassing von 6:51 bis 18:20 unterwegs. Am nächsten Tag starten die Wagen in Freilassing um 6:34 und erreichen das Heimatwerk Hamburg um 19:09 Uhr. In den Abend- und Nachtstunden wären die Wagen grundsätzlich verfügbar, zu berücksichtigen ist jedoch zum Einen das geringe Verkehrsbedürfnis in den späten Abend- bzw. Nachtstunden und darüberhinaus muss ein Zeitfenster zur Reinigung und technischen Prüfung der Wagen geplant werden. Ein weiterer Zugeinsatz der 12 Wagen für den IC 2082/2083 ist somit nicht sinnvoll.

Aus diesen Gründen werden recht komplexe Umlaufpläne gestaltet. In der folgenden Tabelle zeigt sich, wie die Wagen für den IC 2212, welche Koblenz jeden Morgen verlassen, am Abend zuvor die Stadt am Zusammenfluss von Rhein und Mosel erreichen:

Tag
Züge
1
IC 2313 Hamburg-Offenburg
2
IC 2216 Offenburg-Greifswald (übrigens der längste Zuglauf innerhalb Deutschland)
3
IC 2217 Greifswald-Stuttgart und IC 2210 Stuttgart-Köln
4
IC 2214 Köln-Hamburg und IC 2215 Hamburg-Frankfurt(M)
5
IC 2026 Frankfurt(M)-Hamburg
6
IC 2025 Hamburg-Frankfurt(M)
7
IC 2320/2220 Frankfurt(M)-Hamburg/Lübeck und IC 2321/2221 Lübeck/Hamburg-Frankfurt(M)
8
IC 2310 Frankfurt(M)-Westerland
9
IC 2311 Westerland-Stuttgart
10
IC 2368 Stuttgart-Karlsruhe, IC 2367 Karlsruhe-Stuttgart und IC 2218 Stuttgart-Hamburg
11
IC 2029 Hamburg-Nürnberg
12
IC 2028 Nürnberg-Hamburg und IC 2307 Hamburg-Koblenz
13
IC 2212 Koblenz-Ostseebad Binz
14
IC 2213 Ostseebad Binz-Stuttgart
15
IC 2312 Stuttgart-Hamburg

Nachrichtlich: Hier nicht dargestellt sind Abweichungen an Wochenenden und Leerzüge zur Abstellung über Nacht.

Vorgesehen sind für die genannten Züge jeweils 11 Wagen. Das hier zuständige Werk in Hamburg muss somit 15 Abteilwagen 1. Klasse, 15 Großraumwagen 1. Klasse, 15 Bistrowagen, 15 Wagen 2. Klasse mit Serviceabteil, 75 Großraumwagen 2. Klasse, 15 rollstuhlgerechte Großraumwagen und 15 Steuerwagen zur Verfügung stellen.

Da die hier beschriebene IC-Linie von Hamburg über Köln nach Stuttgart an Wochenenden sehr stark frequentiert ist, werden einige Verstärkungswagen bereitgestellt. Diese werden tageweise an bestimmte Züge gekuppelt, um höhere Platzkapazitäten zu bieten. Im Fahrplan 2018 sind dies drei Wagen der Gattungen Avmmz, Bvmmz und Bpmmz. Auch hier ist wieder darauf zu achten, dass die Wagen nach Ihrem Einsatz wieder ihren Heimatbahnhof erreichen müssen:

Wochentag
Züge
Dienstag
Stillstand in Hamburg
Mittwoch
Stillstand in Hamburg
Donnerstag
IC 2188 Hamburg-Rostock (zur Überführung: Die Wagen sind verschlossen, da der IC 2188 mit seiner Regelzugbildung schon genügend Platzkapazität bietet.
Freitag
IC 2213 Rostock-Stuttgart
Samstag
IC 2216 Stuttgart-Rostock
Sonntag
IC 2213 Rostock-Stuttgart
Montag
IC 2312 Stuttgart-Hamburg


Zusammengefasst wird die gesamte Planung des Wageneinsatzes für ein Fahrplanjahr im "Zugbildungsplan":


Hier ein Exemplar aus dem Jahr 1980; an der Systematik hat sich seitdem nichts Wesentliches geändert.


Mit folgendem Wagenbestand wurde für den Jahresfahrplan 2018 die Planung der lokbespannten Fernzüge vorgenommen:


Wagengattung
Beschreibung
Bestand
Avmmz
Abteilwagen 1. Klasse, modernisiert 85
Avmz
Abteilwagen 1. Klasse
100
Apmmz
Großraumwagen 1. Klasse, modernisiert
41
ARkimmbz
Bistrowagen mit 1. Klasse, modernisiert 63
ARkimbz
Bistrowagen mit 1. Klasse 28
Bvmmsz
Abteil- und Großraumwagen 2. Klasse mit Serviceabteil, modernisiert 82
Bvmsz
Abteil- und Großraumwagen 2. Klasse mit Serviceabteil
53
Bvmmz
Abteil- und Großraumwagen 2. Klasse, modernisiert 39
Bwmz
Abteilwagen 2. Klasse
15
ABvmz
Abteilwagen 1. und 2. Klasse
14
Bvmkz
Abteilwagen 2. Klasse mit Serviceabteil (Catering, ehem. Touristikzug)
6
Bpwmz
Großraumwagen 2. Klasse (ehem. 1. Klasse)
39
Bpmmz
Großraumwagen 2. Klasse, modernisiert 239
Bpmz
Großraumwagen 2. Klasse
123
Bpmz
Großraumwagen 2. Klasse, ehem. Touristikzug
4
Bpmmbz
Großraumwagen 2. Klasse, behindertengerecht, modernisiert
61
Bpmbz
Großraumwagen 2. Klasse, behindertengerecht 33
Bpmmdz
Großraumwagen 2. Klasse, Fahrradmitnahme, modernisiert 30
Bpmmbdz
Großraumwagen 2. Klasse, behindertengerecht, Fahrradmitnahme, modernisiert 26
Bpmmbdzf
Steuerwagen Großraum 2. Klasse, behindertengerecht, Fahrradmitnahme, modernisiert 72
Bimmdzf
Steuerwagen Abteil/Großraum 2. Klasse, behindertengerecht, Fahrradmitnahme, modernisiert (ehem. InterRegio)
32
Bimdz
Abteil- und Großraumwagen 2. Klasse, Fahrradmitnahme (ehem InterRegio)
29
Bimz
Abteil- und Großraumwagen 2. Klasse (ehem InterRegio) 54
DApza
Großraumwagen Doppelstock 1. Klasse
27
DBpza
Großraumwagen Doppelstock 2. Klasse
81
DBpbzfa
Steuerwagen Großraum Doppelstock 2. Klasse, Fahrradmitnahme
27
Apmz
Großraumwagen 1. bzw 2. Klasse (ehem. Metropolitan)
8
Apmkz
Großraumwagen 2. Klasse mit Bistrobereich (ehem. Metropolitan) 4
Apmbzf
Steuerwagen Großraum 1. Klasse (ehem. Metropolitan)
2

Zuzüglich 21 Wagen für den Regionalverkehr "München-Nürnberg-Express" und 6 Wagen als Kupplungshilfe zur Beförderung einzelner ICE-Wagen (Werkstattverkehr) ergibt das einen Gesamtbestand von 1.444 Wagen. Nicht alle Wagen werden unmittelbar für die Bildung der Regelzüge benötigt. Hierfür sind 1.143 Wagen vorgesehen.
Nachrichtlich: Bei Twitter hatte ich hierzu im Dezember 1.103 Wagen kommuniziert. Dies hängt mit einer Saisonalisierung/Betrachtung über das gesamte Fahrplanjahr zusammen.


... und die Bespannung der Züge?

Neben der Planung des Wagenmaterials muss für jeden Zug auch die Traktion geplant werden. Im Regelfall erfolgt dies unabhängig der Wagenplanung. Bezugnehmend auf den oben beschriebenen 15tägigen Umlauf zwischen Hamburg, Köln und Stuttgart laufen die Lokomotiven der genannten Züge i.d.R. nicht im festen Verbund mit den Reisezugwagen. Selbstverständlich existieren sinnvolle Parallelplanungen, wie z.B. der Übergang vom IC 2313 auf den IC 2216. Der IC 2313 ist der einzige in Offenburg endende Fernzug und IC 2216 startet als einziger Fernzug dort. Eine sinnvolle Beschäftigung für die Lokomotive nach Ankunft des IC 2313 ist nicht möglich, so dass die Lok im Zugverbund bleibt und am nächsten Tag Offenburg wieder mit dem IC 2216 verlässt.

Andererseits wird mit dem IC 2312 (in der Tabelle oben am Tag 15) Hamburg erreicht. Die Wagen gehen auf den IC 2313 (am Tag 1) über. Die Lokomotive des IC 2312 wird dagegen schon für den EC 7 am frühen Morgen des Folgetages geplant und der IC 2313 erhält die Lokomotive, welche am Vortag mit dem IC 2082 Hamburg erreicht hat.


Umlaufplanung ICE

Grundsätzlich werden ICE wie lokbespannte Züge geplant. Hier ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass nicht jeder ICE in jedem Einsatzgebiet dieser Züge geplant werden kann. Hierzu die folgenden Besonderheiten:

ICE
Besonderheit
ICE 1 (BR 401)
nicht kuppelbar, Einsatz z.T. in der Schweiz möglich, Einsatz z.T. auf ETCS-Strecken (Neubaustrecke VDE 8 Halle/Leipzig-Erfurt-Nürnberg) möglich
ICE 2 (BR 402)
kuppelbar, nur in Deutschland einsetzbar, kein Einsatz auf ETCS-Strecken möglich
ICE 3 (BR 403)
kuppelbar, Einsatz auf Schnellfahrstrecke Köln-Frankfurt möglich, Einsatz z.T. auf ETCS-Strecken möglich
ICE 3 (BR 406)
kuppelbar, Einsatz auf Schnellfahrstrecke Köln-Frankfurt möglich, Einsatz nach Belgien und in die Niederlande möglich
ICE 3 (BR 407)
kuppelbar, Einsatz auf Schnellfahrstrecke Köln-Frankfurt möglich, Einsatz nach Frankreich möglich
ICE 4 (BR 412)
nicht kuppelbar, aktuell nur in Deutschland einsetzbar, ETCS-Einsatz im Jahr 2018 noch nicht möglich (Softwareanpassung folgt)
ICE-T (BR 411)
kuppelbar, Einsatz in Deutschland und z.T. in Österreich möglich. Einsatz auf ETCS-Strecken möglich
ICE-T (BR 415)
kuppelbar, nur in Deutschland einsetzbar, Einsatz auf ETCS-Strecken möglich

Insgesamt sind 226 ICE-Einheiten unterwegs, um den Bedarf decken zu können. Mit dem Zulauf weiterer ICE 4-Einheiten ist dieser Wert für das Fahrplanjahr 2018 variabel.

Als Muster hier der erste Laufplan im planmäßigen Verkehr des ICE 4:






Die Spalte "RPB" beschreibt die Stellung der 1. Klasse an der Spitze oder am Schluss des Zuges und würde (bei kuppelbaren Zügen) zusätzlich Aufschluss über die Stellung des Zugteils im Zugverband geben. Die Bahnhöfe sind jeweils abgekürzt dargestellt. Zur Erläuterung:


Dieser Artikel gibt einen Einblick in die planmäßige Zugbildung. Im täglichen Betrieb kommt es zu Abweichungen wie z.B. umgekehrten Wagenreihungen. Hierzu empfehle ich einen bei inside.bahn erschienenen Artikel der Deutschen Bahn.


Abschließend ein kleiner Blick in das Jahr 1987


Kurz einleitend: Bei der Deutschen Reichsbahn wurde seinerzeit mit dem grundsätzlich heute noch gültigen System der Gattungsabkürzungen gearbeitet. Eine Wagengattung mit "A" beginnend kennzeichnete wie heute einen 1. Klasse-Wagen, ein Großbuchstabe "B" einen 2. Klasse-Wagen.

Bei der Aufarbeitung historischer Reihungsdaten für die Datenbank Fernverkehr sind mir zwei Wagengattungen aufgefallen, die heute in keinem Fernzug mehr vorstellbar sind:




Im D 522 fand sich damals auch ein "Zm". Hier reisten ausschließlich unfreiwillige Fahrgäste: Es handelte sich um einen Zellenwagen. In diesen Fahrzeugen wurden in der damaligen DDR Häftlinge zwischen verschiedenen Städten befördert, um sie z.B. anderen Strafanstalten zuzuführen. Diese "Zm"-Wagen wurden autark geführt, d.h. sie hatten keine Übergänge zu den nachfolgenden Wagen und waren entsprechend gesichert. Es bestanden nahezu landesweit feste Umläufe ausschließlich in öffentlichen Schnell- und Eilzügen. Beheimatet waren diese Wagen in Magdeburg.




Um auch die südlichen Bezirke der damaligen DDR mit frischem Fisch zu versorgen, wurden im Bedarfsfall planmäßige Reisezüge um einen Kühlwagen verstärkt. Diese trugen die Gattungskennzeichnung "IksFisch", dienten ausschließlich dem Transport von Fischwaren und wurden von den Ostseehäfen aus eingesetzt.


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