Für
jeden Fernzug existiert eine Planung, in welcher Konfiguration
dieser Zug eingesetzt werden soll. Daran ist u.a. die
Platzreservierung ausgerichtet und auch die Wagenreihungspläne
am Bahnsteig orientieren sich an dieser Planung.Nicht jede Zugfahrt kann
allerdings planmäßig durchgeführt werden. Zwei Szenarien kommen
im Zusammenhang mit Ersatzzügen zum Tragen:
1. Vor der Abfahrt am Ausgangsbahnhof wird
festgestellt, dass die geplante Einheit nicht fahrbereit ist.
2. Während der Fahrt tritt ein Ereignis
ein, welches das Erreichen des Zielbahnhofes mit der
eingesetzten Einheit unmöglich macht.
Zunächst zu 1.:
Hier wird geprüft,
ob der Schaden noch vor der planmäßigen Abfahrtzeit behoben
werden kann. Eine mögliche Maßnahme bei lokbespannten Zügen
ist die Herausnahme eines defekten Wagens und
Bereitstellung entsprechenden Ersatzmaterials. Mitunter kommen
hier abweichende Wagentypen zum Einsatz, so dass ggf. eine
andere Sitzkonfiguration entsteht.
Bei ICE-Einheiten
wird geprüft, ob im Werk eine andere funktionsfähige
Einheit des gleichen Typs zur Verfügung steht, welche
erst später am Tag benötigt wird. Diese kann als Ersatz
herangezogen werden; die defekte Einheit sollte
selbstverständlich bis zu dessen ursprünglich geplantem
Einsatzstart wieder fehlerfrei sein.
Ist dies nicht möglich, wird auf
Ersatzmaßnahmen zurückgegriffen:
Es wird geprüft, ob
ein anderer Fahrzeugtyp die Leistung übernehmen kann.
Das ist grundsätzlich möglich, aber unter Umständen mit
Einschränkungen verbunden. Zu beachten ist u.a., ob das
Ersatzfahrzeug die geplante Route tatsächlich befahren kann,
manche Streckenabschnitte unterliegen Einschränkungen. In
unserem Beispielzug ICE 587 - gebildet aus einem ICE 2 - ist
es möglich, dass z.B. ein ICE 1 diese Leistung übernimmt. Da
dieser Zugtyp jedoch nicht kuppelfähig ist, kann das auf dem
Laufweg geplante Vereinigen mit einem zweiten Zugteil nicht
stattfinden.
Alternativ besteht
die Möglichkeit, als Ersatz für den ICE 587 die Fahrt mit
einer lokbespannten Garnitur durchzuführen. Auch hier
sind wieder streckenindividuelle Einschränkungen
(Druckertüchtigung der Wagen, Ausstattung der Lokomotive mit
bestimmten Zugsicherungssystemen) zu beachten. Bei
Verfügbarkeit entsprechenden Materials kann z.B. eine
reguläre IC-Einheit einer anderen Linie zum Einsatz
kommen. Beispielsweise wurde kürzlich ein ICE
Hamburg-Kassel-Stuttgart und zurück mit einer regulären
IC-Einheit der Linie 30 (Hamburg-Köln-Stuttgart) ersetzt.
Zusätzlich unterhält
DB Fernverkehr aktuell sechs sogenannte "Einsatzreserven".
Diese sind auf die Standorte Bremen, Hannover, Dortmund, Köln,
Kassel und Karlsruhe verteilt - also relativ zentral im
bundesweiten Netz. Zur Bespannung werden sechs Lokomotiven der
BR 120 vorgehalten, im Rahmen der täglichen Disposition wird
aber auch die BR 101 regelmäßig vor Ersatzzügen eingesetzt.
Weiterhin stehen als Einsatzreserven an den
Standorten Leipzig, Frankfurt/M und Nürnberg ganztägig drei
ICE-T Züge zur Verfügung. Diese ersetzen im Bedarfsfall
nicht nur ICE-Züge, sondern auch InterCitys.
Die
lokbespannten Einsatzreserven sind im Februar 2018 wie folgt
gebildet. Da es sich um Reservezüge handelt, kann es
vereinzelt zu Abweichungen kommen:
Zu
berücksichtigen ist, dass die Einsatzreserven u.U. nicht die
Platzkapazität eines ICE oder auch nicht die Kapazität der
planmäßigen IC-Garnitur erreichen. Platzreservierungen haben
in Ersatzzügen generell keine Gültigkeit, es gilt somit freie
Platzwahl. Bistro- oder Restaurantwagen stehen hier
nicht zur Verfügung. Ersatzzüge werden i.d.R. abgesehen vom
Ausgangsbahnhof an zentralen Standorten (wie Kassel, Frankfurt,
Mannheim) mit einem gewissen Grundsortiment bestückt, so dass
zumindest Snacks und Getränke verfügbar sind.
Zu 2.: (=Während der Fahrt tritt ein
Ereignis ein, welches das Erreichen des Zielbahnhofes mit der
eingesetzten Einheit unmöglich macht)
Hier
ist insbesondere die Herausforderung zu bewältigen, dass der
defekte Zug mit Fahrgästen besetzt ist, welche versorgt
werden müssen.
Es wird angestrebt,
dass der Zug an einem Bahnsteig zum Halten kommt, wo
ein unkompliziertes Umsteigen in einen nachfolgenden Zug
möglich ist.
Bei
Fahrtabbruch auf freier Strecke gestaltet sich der Vorgang
umfangreicher:
Fernzüge der
Deutschen Bahn sind größtenteils mit sogenannten Evakuierungsstegen
ausgerüstet. Sofern ein gefahrloses Verlassen des Zuges
möglich ist, wird an mehrgleisigen Strecken ein zweiter
Zug auf das Nachbargleis gefahren und Fahrgäste können
über diese Stege den Zug wechseln.
Ist dies nicht
möglich, wird ein Abschleppen des defekten Zuges bis
zu einem geeigneten Umsteigebahnhof veranlasst. An
Schnellfahrstrecken stehen hierzu Abschlepplokomotiven mit
Dieselantrieb in ständiger Bereitschaft (Standorte: Berlin,
Hannover, Erfurt, Leipzig, Köln, Frankfurt, Nürnberg und
Stuttgart). Darüber hinaus können netzweit geeignete
Triebfahrzeuge für solche Einsätze abgerufen werden.
Abschlepplokomotiven haben auf Einsatzfahrten höchste
Priorität, sie erhalten Vorrang vor allen anderen Zügen. Für
alle beteiligten Stellen ist dieser Umstand mit einer
speziellen Zugnummer gekennzeichnet.
Ist ein zeitnaher
Abschleppvorgang nicht möglich, werden die Fahrgäste aus dem
Zug heraus in das umliegende Gelände evakuiert. Dabei
erfolgt i.d.R. Unterstützung durch Hilfsorganisationen wie die
Feuerwehr. Von einer geeigneten Stelle im Umfeld wird eine Weiterbeförderung
mit Bussen veranlasst, bei Extremwetterlagen auch eine
vorübergehende Unterbringung in Gaststätten,
Turnhallen etc ermöglicht. Das Aussteigen auf freier
Strecke/in den Gleisbereich wird konkret durch das Zugpersonal
freigegeben und erfolgt i.d.R. über die Türen in bestimmten
Wagen, welche kommuniziert werden. Sobald der Aussteigevorgang
beginnt, ist die Strecke selbstverständlich gesperrt. Es
besteht keine Gefahr mehr durch möglicherweise
entgegenkommende Züge. Dies gilt auch für eine Evakuierung in
einem Tunnel. Bitte niemals vor einer konkreten Aufforderung
durch das Personal Außentüren öffnen oder gar den Zug
verlassen. Es besteht die Möglichkeit, dass ggf. umliegende
Gleise noch für andere Züge freigegeben sind oder
beispielsweise die Oberleitung bei elektrifizierten Strecken
beschädigt ist. Beim Verlassen des Zuges drohen Stromschläge,
diese Gefahr ist aus dem Inneren der Züge nicht abschließend
bewertbar. Warten Sie daher entsprechende Ansagen ab.
Im weiteren Verlauf
kommen je nach verbleibendem Laufweg beispielsweise auch die
oben genannten Einsatzreserven als Ersatzzüge zum
Einsatz.
Abschließend: Jedes dieser Ereignisse
stellt für alle Fahrgäste eine äußerst unangenehme Situation
dar. Es entstehen mitunter mehrstündige Verspätungen. Diese
resultieren u.a. aus der Heranführung entsprechenden
Ersatzmaterials von den o.g. Standorten, der Verfügbarkeit
einer entsprechenden Anzahl von Bussen auch in ländlich
geprägten Regionen sowie der in einigen Fällen nötigen
behördlichen Freigabe des Zuges zur Weiterfahrt/Evakuierung.
Eine umfassende und offene Kommunikation zwischen dem
Zugpersonal und den Fahrgästen trägt sicher zum Verständnis
bei. Unterstützt wird das
Zugpersonal im Zusammenhang mit einemliegengebliebenen Zug
dabei durch sogenannte Notfallmanager sowie einem Notdienst
Reisendenbetreuung, welche den Einsatzort auf dem Straßenweg
erreichen.